Schriftzug Georg Immelmann Intendant a.D. - Regisseur Fotos Georg Immelmann
Start Aktuell Inszenierungen Galerie Kritiken Unterricht Bearbeitungen Interviews Vita Kontakt
Frühlingserwachen Nathan der Weise Unscharfe Bilder Meisterklasse Haus und Garten Verstehen Sie Julia? Der Name der RoseDie drei Musketiere

Auszüge aus älteren und neueren Kritiken

Die drei Musketiere

E.T.A. Hoffmann – Theater, Bamberg 2010

Bamberg – In Bambergs Alter Hofhaltung wird gefochten, dass die Funken stieben. „Die drei Musketiere“ aus der Feder von Alexandre Dumas d.Ä., von Rainer Lewandowski frisch bearbeitet für den historischen Wirtschaftshof der Erzbischöfe, geben sich und uns die Ehre. Am Dienstagabend war Premiere dieser als „Uraufführung“ verkauften Produktion des Bamberger E.T.A.-Hoffmann-Theaters.

„Ur“- oder nicht: Originell geht es jedenfalls zu bei dieser Räuberpistole aus dem 17. Jahrhundert, geschrieben im 19., bühnen- und filmreif gemacht im 20. und jetzt noch einmal aufgemotzt im 21. Jahrhundert. Ausstatter Uwe Oelkers lässt uns zur Begrüßung die ganze Skulpturenpracht des barocken Frankreich in purem Flittergold aufmarschieren und Spalier stehe. Goldene Hände zaubern ein königliches Thron-Kabinett auf die Bühne und uns auf ein malerisch aufgetakeltes Schiff, das in geheimer Mission von Calais aus gegen Engeland in See sticht.

Staunend betreten nicht nur wir, sondern auch der junge Kraftstrotz D’Artagnan (Felix Pielmeier) diese Welt des schönen Scheins und der hässlichen Intrigen. Seine Rosinante, die ihm Papa mit auf den gefährlichen Weg nach Paris mitgegeben hat, hat darin gar keinen Platz mehr – die Musketiere, des Königs Elitesoldaten, zu denen auch D’Artagnan gehören will, gehen zu Fuß.

Meistens gehen sie freilich nicht, sondern stürmen auf den Feind zu als da sind die Mannen des intriganten Kardinals Richelieu oder andere, die ihnen in die Quere kommen. Auch unser junger Held muss sich da erst noch behaupten, ehe die drei Edelkämpfer Athos (Jürgen Brunner), Porthos (Patrick L. Schmitz) und Aramis ihn als einen der ihren akzeptieren.

Diesem Aramis alias Gerald Leiß waren übrigens kurz vor der Premiere im sprichwörtlichen Eifer des Gefechts die Gäule durchgegangen. Bei einer der letzten Proben stürzte Leiß so heftig, dass er einstweilen nicht weiterspielen kann und durch Volkers Metzger ersetzt werden musste – eine reife Leistung des Gastes.
Der halbe Abend gehört dem Fechtmeister Tamás von Mandy, der Degen-Keilerei nach der anderen malerisch so durchchoreografiert hat, dass statt Nervenkitzels das Spielerische überwiegt.

Flotte Fechter, flotte Sprüche

Während die Degen aufeinanderkrachen, werden die vier Helden einander nicht nur flotte Sprüche, sondern auch den gefüllten Trinkbecher zu. In der anderen Hälfte versucht Regisseur Georg Immelmann, die „Action“ in Gang zu halten – mit gutem Aha- und Lacherfolg, als er etwa seine Musketiere mit ihren Musketen einen (fast) veritablen Vogel vom Himmel holen lässt. Die Mauersegler zogen am wunderschönen Premieren-Sommerabend übrigens unbeeindruckt weiter ihre Kreise. Bei allem Trubel bringt Immelmann auch das „Ernste“ herüber: die Machtgeilheit des coolen Kardinals (Eckhart Neuberg), die romantischen Gefühle der Königin Anna von Österreich (Olivia Sue Dornemann), die Infantilität von Ihro dekadenter Majestät Ludwig XIII. (Volker J. Ringe) und schließlich das Happy End im Dreieck König, Königin und Herzog von Buckingham (Florian Walter). Das gefühlvoll-turbulente Stück geriet durch die Addition opulenter Musik nach Beethoven, Ravel, Gounod, Debussy und des amtierenden Königs Ludwig XIII. zu einem leinwandfreien Live-Cinemascope-Film.

Der unterhaltsame Abend, kurzweilig nicht nur wegen seiner nur rund 100 Minuten Spieldauer, wurde mit gebührendem Beifall gewürdigt.

Von Gero von Billerbeck, Nordbayerischer Kurier, 15. Juli 2010