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Umberto Eco ist der Calderón der Saison

E.T.A. Hoffmann - Theater Bamberg, 2008

Die Dramatisierung des berühmten Mittelalterkrimis „Der Name der Rose“ steht im Mittelpunkt der Calderón-Spiele. Die Alte Hofhaltung erweist sich als Glücksfall für die stimmige Inszenierung von Georg Immelmann.

Die Alte Hofhaltung ist eben die Alte Hofhaltung. Und schon als Baudenkmal so sehenswert, dass man – vorausgesetzt es ist ein lauer Sommerabend – gut und gerne zwei Stunden auf den nagelneuen blauen Sitzen der Zuschauertribüne verbringen kann. Für Kurzweil sorgen unter anderem die Abenddämmerung, die Vögel vom Domberg und, sofern man Glück hat, auch Katzen auf ihrem ersten Abendrundgang. Und natürlich das E.T.A.-Hoffmann-Theater, das seit 1973 diesen großartigen Hofraum im Rahmen seiner Calderón-Spiele bespielt.

Der Calderón der Saison 2008 heißt Umberto Eco, dessen Erfolgsroman „Der Name der Rose“ auch als Theaterstück ein Publikumsrenner ist. Seit der Uraufführung im Jahr 2000 an der Luisenburg haben vor allem Freilichtspiele mit dem mittelalterlichen Krimi Kasse gemacht. Kein Wunder: Die Handlung um den Meisterdetektiv in Mönchskutte und die Morde in der Abtei schreit förmlich nach einem möglichst authentischen Spielort.

Regisseur Georg Immelmann und sein Ausstatter Uwe Oelkers haben für ihre Bamberger Inszenierung das einzig Richtige getan: Die Alte Hofhaltung ist in ihrer Ganzheit Kulisse, nur ein gegliedertes, einfaches Holzpodium gibt kleineren Szenen die nötige Intimität. Das Podest wirkt so, als stünde es schon immer da. Auch die Kostüme und die gregorianischen Gesänge aus der Benediktiner-Abtei von Clairvaux passen gut in dieses Ambiente.

Während die Musik über Lautsprecher kommt, sprechen die Schauspieler ohne Verstärkung. Das ist mutig deshalb, weil die hohe Kunst des Sprechens bei jüngeren Schauspielergenerationen nicht mehr dezidiert im Vordergrund steht. Aber mit einem Eckhart Neuberg als William von Baskerville, den man auch dann noch versteht, wenn er am hintersten Ende der Hofhaltung hüstelt, ist die Produktion fast schon auf der sicheren Seite. Natürlich ist es schade, wenn man den reizvoll-polyglotten Kauderwelsch von Jürgen Brunners Salvatore manchmal nur noch erahnen kann. Aber das liegt mitnichten an dem ausdrucksstarken und vielseitigen Schauspieler, sondern schlichtweg am unverständlichen Text.

Die erhöhte Aufmerksamkeit, das genaue Hinhören, das die Inszenierung dem Auditorium abfordert, lohnt sich. Indem sich das Publikum auf das Geschehen konzentriert, taucht es spielerisch ein in diese ferne, mystische und grausame Welt, in der die Abfolge der Leichenfunde fast schon wieder komisch erscheint. Da die Morde schon im Roman im Off stattfinden, wäre hier weniger mehr gewesen. Was dagegen fehlt, sind ein paar echte Massenszenen. Zwar bewegt und verteilt der Regisseur die acht Schauspieler in Mehrfachrollen und die zehn Statisten sehr geschickt – aber Nachwuchsmangel in Klöstern gibt es erst seit einigen Jahrzehnten.

Es lohnt sich, einen Feldstecher mitzunehmen. Denn Eckhart Neuberg dürfte auch genau besehen ein William sein, der den Vergleich mit dem unvergleichen Sean Connery nicht zu scheuen braucht. In einer probaten Mischung aus Zurückhaltung, Gelassenheit und Witz gelingt ihm hier das Porträt eines faszinierenden Menschen, dessen Geist und Herz immer wieder erfrischend aufblitzt.

Christina Hecke gibt dem Jungspund Adson genau die eckigen Bewegungen, die es braucht, damit sich zum „Hohen Lied der Liebe“, aus dem er verliebt zitiert, alles rundet. Olivia Sue Dornemann als das Mädchen schafft unter anderem das kleine Wunder, dass ihre Entblößung natürlich und nicht peinlich wirkt. Volker J. Ringe, Ulrich Bosch, Jürgen Brunner, Patrick L. Schmitz und Florian Walter differenzieren typengerecht in ihren Doppelrollen, die Pyrotechnik sorgt für das stimmungsvolle Schlussbild, bei dem man das Bibliotheks-Labyrinth gar nicht mehr vermisst.

Williams letzter Satz „Nicht in der Aufregung ist der Herr“ endet laut Georg Immelmann mit dem für ihn typischen Gedankenstrich. Das hört man zwar nicht, aber es ist was dran! Denn der Abend macht Appetit, den Roman nochmals zu lesen – mit der notwendigen Geduld.

Monika Beer, Fränkischer Tag, 7. 7. 2008

Foto: Ingrid Rose, Fränkischer Tag